Erfordert das Innehaben einer Wohnung ein eigenes Recht im Sinne eines entgeltlichen Nutzungsrechts des Steuerpflichtigen, das ihm wie bei Eigentum oder einem Mietverhältnis ein zur Ausschließung berechtigendes Hausrecht gewährt, oder ist es ausreichend, dass dem Steuerpflichtigen ein (räumlich) abgrenzbarer Teil eines Wohnhauses unentgeltlich, unter Vereinbarung eines Ausschlusses der Nutzung der Überlassenden, zur Nutzung überlassen wird? Zu dieser Frage hat der Bundesfinanzhof Stellung genommen (Az. VI R 12/23).
Im Streitfall erzielte der Kläger in den Streitjahren 2014 bis 2018 Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Werkstudent, als studentische Hilfskraft und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Zudem erhielt er Leistungen nach dem BAföG. Am Studienort wohnte er in angemieteten Wohnungen. Sein Lebensmittelpunkt lag unstreitig in B. Dort bewohnte er sämtliche Räumlichkeiten im Obergeschoss des Wohnhauses seiner Eltern. Die Räumlichkeiten überließen ihm seine Eltern unentgeltlich zur Nutzung. In seinen Einkommensteuererklärungen machte der Kläger u. a. notwendige Mehraufwendungen wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sowie Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geltend. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte nur die Aufwendungen für die Familienheimfahrten. Die geltend gemachten Kosten für die doppelte Haushaltsführung und die Verpflegungsmehraufwendungen erkannte es nicht an. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht München keinen Erfolg. Der Kläger habe in B keinen eigenen Hausstand geführt, sondern sei dort noch in den Hausstand seiner Eltern eingegliedert gewesen.
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Finanzgericht habe im Streitfall rechtsfehlerhaft entschieden, dass der Kläger am Ort seines Lebensmittelpunkts keinen eigenen Hausstand unterhalten habe. Nach Auffassung der Richter des Bundesfinanzhofes lagen die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung durchaus vor. Maßgeblich sei, dass der Steuerpflichtige außerhalb des Arbeitsortes über eine eigene Wohnung verfüge, diese Wohnung den Mittelpunkt der Lebensinteressen bilde und dort ein eigener Hausstand geführt werde. Zwar verlange das Einkommensteuergesetz eine finanzielle Beteiligung an den Lebenshaltungskosten, dies gelte jedoch nur, wenn mehrere Personen einen Haushalt gemeinsam führen.
Führt der Steuerpflichtige im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung am Ort des Lebensmittelpunkts dagegen einen Ein-Personen-Haushalt, stellt sich die Frage nach der finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nicht. Denn die Kosten der Lebensführung eines Ein-Personen-Haushalts werden von dieser einen Person getragen. Woher die hierfür erforderlichen Mittel stammen ‑ ob aus eigenen Einkünften, staatlichen Transferleistungen, Darlehen, Unterhaltsleistungen oder familiären Geldgeschenken ‑ sei insoweit unerheblich. An der Finanzierung des eigenen Haushalts/der eigenen Lebensführung ändere die Herkunft der Mittel nichts. Der Bundesfinanzhof widersprach der Einschätzung des Finanzgerichts München, der Kläger sei lediglich als „Kind“ Teil des elterlichen Haushalts geblieben. Diese Würdigung sei mit den tatsächlichen Feststellungen des Verfahrens nicht vereinbar: Der Kläger nutzte die Räumlichkeiten im Obergeschoss eigenständig, war zu Beginn der Streitjahre bereits 28 Jahre alt, verfügte über eine abgeschlossene Berufsausbildung, befand sich in einer zweiten akademischen Ausbildung und erzielte auch (in begrenztem Umfang) eigene Einkünfte.
Vorliegend habe sich das Finanzgericht München bislang nicht mit der konkreten Höhe der geltend gemachten Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen befasst. Die entsprechenden Feststellungen habe es im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Eine doppelte Haushaltsführung liegt gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Gemäß des Einkommensteuergesetzes setzt das Vorliegen eines eigenen Hausstands das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG).
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