Der Bundesfinanzhof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es unionsrechtlich zulässig ist, den guten Glauben des Steuerpflichtigen nicht bereits im Steuerfestsetzungsverfahren, sondern erst in einem späteren, gesonderten Billigkeitsverfahren zu schützen (Az. XI R 23/24).
Im Streitfall handelte die Klägerin u. a. mit Uhren. In ihren Umsatzsteuererklärungen wandte sie auf einen Teil ihrer Umsätze die sog. Differenzbesteuerung (§ 25a des Umsatzsteuergesetzes – UStG) an, bei der nicht der gesamte Verkaufspreis der Uhr, sondern nur die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Einkaufspreis der Umsatzsteuer unterworfen wird. Dies ist u. a. möglich, wenn der Vorlieferant, der der Klägerin die Uhr verkauft hat, ebenfalls ein Wiederverkäufer ist. In den Fällen, in denen die Vorlieferanten in ihren Rechnungen an die Klägerin angegeben hatten, dass dies in Bezug auf die gelieferten Uhren der Fall sei, wendete die Klägerin die Differenzbesteuerung an. Nachdem das Finanzamt festgestellt hatte, dass die Angaben der Vorlieferanten in den Rechnungen teilweise unzutreffend waren, berief sich die Klägerin darauf, dass sie gutgläubig gewesen sei und berechtigterweise auf die Angaben ihrer Vorlieferanten habe vertrauen dürfen. Das beklagte Finanzamt setzte die Umsatzsteuer gleichwohl höher fest, was das Sächsische Finanzgericht bestätigte.
Das Finanzgericht nahm an, dass es nicht prüfen müsse, ob die Klägerin tatsächlich gutgläubig gewesen sei, weil sich die Klägerin im Klageverfahren gegen den Umsatzsteuerbescheid (dem sog. Festsetzungsverfahren) nicht auf ihren angeblichen guten Glauben berufen dürfe. Hierzu müsse ein gesondertes Billigkeitsverfahren (z. B. Antrag auf Erlass der Umsatzsteuer) durchgeführt werden.
Der Bundesfinanzhof hält es für unionsrechtlich zweifelhaft, ob es der Bundesrepublik Deutschland erlaubt ist, den Steuerpflichtigen zum Schutz seines guten Glaubens auf ein weiteres Verfahren (Billigkeitsverfahren) zu verweisen. Die Richter des Bundesfinanzhofes halten es für möglich, dass dem Steuerpflichtigen kein weiteres Verfahren zugemutet werden darf, weil ihm ein weiteres Verfahren „hinsichtlich seiner Länge, Komplexität und der damit verbundenen Kosten unverhältnismäßige Schwierigkeiten“ bereitet. Als besonders kritisch sehen die Richter die erhebliche Verlängerung der Gesamtverfahrensdauer sowie das doppelte Kostenrisiko an, das ein Steuerpflichtiger eingehen muss, wenn er zunächst ein Klageverfahren gegen die Steuerfestsetzung und – zeitlich daran anschließend – ein Klageverfahren gegen eine ablehnende Billigkeitsentscheidung anstrengen muss.
Die Antwort des EuGH könnte für das gesamte Umsatzsteuerrecht (und nicht nur für die Differenzbesteuerung) von Bedeutung sein.
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